10 Jahrzehnte, 10 Fragen an ...

Vladiana Ghiulvessi

Vladiana Ghiulvessi, geboren 1994 in Baia Mare (Rumänien), lebt und arbeitet in Baia Mare. Mehr Information auf der Webseite der Jecza Gallery.

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In einem Satz: Was ist für mich Konkrete Kunst?
Substanz, Stille und Frieden.

Verstehe ich mich als Vertreter*in der Konkreten Kunst?
Einige Prinzipien und Ideen der Konkreten Kunst finden bei mir Anklang, aber ich kann nicht sagen, dass ich zu 100% ein Vertreter der Konkreten Kunst bin.

Wer ist mein(e) Lieblingskünstler*in im Bereich der Konkreten Kunst? Welche der Konkreten Kunst zuzurechnende Position hat mich am stärksten geprägt / beeindruckt? Welche Pionier*innen der Konkreten Kunst empfinde ich als Vorbild?
Ich kann mich nicht auf einen einzigen Künstler dieser Kunstbewegung festlegen, aber ich kann einige von ihnen nennen, die meinen künstlerischen Ansatz geprägt haben: Theo van Doesburg, Sophie Taeuber-Arp, Jean Arp, Piet Mondrian, Josef Albers, Camille Graeser und die frühen Werke von Frank Stella.

Was war mein erster Kontakt mit Konkreter Kunst?
Ich wurde während der Schulzeit in Kunstgeschichte unterrichtet und habe etwas über die Zeit der Minimalisten und der abstrakten geometrischen Kunst gelernt, aber damals hatte das keinen Einfluss auf meine künstlerische Richtung. Jahre später hatte ich die Gelegenheit, ein Jahr lang in Paris zu leben, wo ich natürlich in die Welt der Kunstmuseen eintauchte. Dort im Centre Pompidou sah ich zum ersten Mal Konkrete Kunst vor mir. Ich erinnere mich, dass in einem riesigen Raum ein Werk von Frank Stella aus seinem frühen Schaffen ausgestellt war, an dem ich viele Male vorbeiging, bis ich eines Tages bei der Betrachtung des Werks für längere Zeit hängen blieb. Diese tiefen Momente der Kontemplation über das Werk eröffneten mir neue künstlerische Horizonte. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Abstraktion meine künstlerische Sprache ist, aber nach dieser Begegnung mit Frank Stellas Werk fand ich eine Welt, in die ich gehörte. Von diesem Moment an begann ich, bewusst die Werke von Künstlern wie Piet Mondrian, Theo van Doesburg, Sophie Taeuber-Arp, Jean Arp und László Moholy-Nagy zu sehen.

Haben die Anfänge der Konkreten Kunst einen direkten Einfluss auf meine eigene künstlerische Arbeit?
Ich wurde definitiv von der Arbeit der Künstler beeinflusst, die dem Konstruktivismus, De Stijl, Neo-Plastizismus und der Bauhaus-Schule angehörten. Ich denke, dass Künstler manchmal Ideen erforschen und vertiefen sollten, die es in der Kunst bereits gibt, und nicht immer nur nach neuen Ideen suchen sollten, die man noch nicht gesehen hat.

Welche Prinzipien der Konkreten Kunst beeinflussen meinen künstlerischen Ansatz am stärksten?
Die Idee, die mich am meisten beeinflusst hat und die Grundlage für die Entwicklung der Konkreten Kunst war, ist, dass sich das Kunstwerk auf nichts anderes als auf sich selbst beziehen und die äußere Realität in keiner Weise darstellen sollte. Wie van Doesburg in Grundlagen der Konkreten Malerei sagte: „Ein Bildelement hat keine andere Bedeutung als 'sich selbst'. Folglich hat das Gemälde keine andere Bedeutung als 'sich selbst'.“

Farbe, Form oder Linie? Welches grundlegende künstlerische Ausdrucksmittel der Konkreten Kunst ist für mich am wichtigsten?
Hmm, das ist schwer zu sagen, denn im Moment kann ich mir meine Kunst ohne diese drei Grundelemente nicht vorstellen. Ich glaube jedoch, dass die Form das wichtigste Element in meinem kreativen Prozess ist. Ich sage das, weil jedes Mal, wenn ich neue Werke schaffe, zuerst die Form in meinem Kopf erscheint und dann die Linie. Manchmal tauchen diese Elemente sogar zeitgleich auf. Nachdem die Form und die Linie gewählt wurden, kommt die Farbe in der Komposition des Werks zum Vorschein.

Die Manifeste der Pionier*innen der Konkreten Kunst sind für mich

  1. Längst überholt
  2. Auch heute unverändert gültig x
  3. Viel zu dogmatisch
  4. Von keinerlei Relevanz
  5. In ihrer Zeit bahnbrechend x
  6. Immer eine Inspirationsquelle x
  7. Nicht radikal genug
  8. Andere Einschätzungen:
     

Zum 100. Geburtstag: Wo sehe ich die Konkrete Kunst in 100 Jahren?

  1. Die tonangebende Richtung innerhalb der bildenden Kunst
  2. Nicht mehr als eigene, klar abgegrenzte Kunstrichtung zu erkennen
  3. Unverändert von großer Bedeutung x
  4. In heute noch nicht vorhersehbaren Ausprägungen und Medien
  5. Andere Einschätzungen:
     

Und? Braucht es den Begriff Konkrete Kunst (überhaupt) noch?
Ich glaube, dass Konkrete Kunst heute dringender benötigt wird denn je, da unser Geist gerade so überladen und ausgelastet ist, so benebelt. Für mich bedeutet Konkrete Kunst Ordnung, Ruhe und Frieden. Man kann einer Linie sehr leicht folgen, sie schätzen. Sie ist ein sehr einfaches und gleichzeitig sehr komplexes Element, genau wie der Punkt, der Kreis oder das Quadrat, sie sind grundlegende Elemente im Aufbau dieser Welt. Ich halte sie für von erhabener Schönheit.


Übersetzt aus dem Englischen.